Steinadler und starke PS
Ich verlasse meine Unterkunft in Ulrichen und laufe dem alten militärischen Flugplatz entlang Richtung Nufenen. Der Weg, welcher das wilde Ägenatal hinaufsteigt, ist breit und zum Teil gepflastert. Sonst ist meine Wanderung eher langweilig, da ich immer in unmittelbarer Nähe der Passstrasse laufe.
Omnipräsent sind die hohen Masten der Hochspannungsleitungen, Hauptachsen zwischen dem Wallis und Italien. Eine kleine Hängebrücke führt mich auf die andere Talseite, wo noch etliche Lawinenkegel in den Seitentäler liegen. Hier pfeifen die Murmeltiere nicht mehr, wenn ich in die Gegend komme, sie rennen einfach weg. Vielleicht hat sich rumgesprochen, dass ich ungefährlich bin.
Der Weg schmückt sich mit Blumen (Alpendost), im Hintergrund drehen vier grosse Windräder auf der Krete am Horizont. Ich erreiche Ladstafel mit seiner schönen mittelalterlichen Brücke, ab da muss ich wegen Felssturzgefahr auf der Passstrasse weiter. Am heutigen Sonntag lassen die Töff- und Sportwagenfahrer ihre Boliden hinauf dröhnen, was lediglich für sie ein Spass ist.
Nach vier Stunden bin ich auf der Wasserscheide und gleichzeitig Sprachgrenze. Ich lasse mich auf einem Stein nieder und ruhe mich aus. Im Blickfeld tauchen plötzlich zwei Steinadler oben am Berg. Sie drehen ihre Erkundungsrunden und ich schaue das Spektakel mit dem Feldstecher an.
Die Val Bedretto liegt an meinen Füssen und bald habe ich die Quelle des Flusses Ticino erreicht, wo ich mein Mittagessen beim Gedenkstein einnehme. Meine vierte Quelle, nach Rhein, Reuss und Rhone habe ich den Poker geschafft.
Mein km-Zähler zeigt bereits über 18 an und meine Beine spüren jeden Einzelnen, Zeit anzukommen! Im Albergo all‘Acqua niste ich mich ein und geniesse bei Kaffee und Kuchen die beiden süditalienischen Kellner, bei ihrem vermutlich ersten Arbeitstag, über Menü und Preise diskutieren.
Heute erreichen mich zum Nachtessen Corrado und Daniela, sie wird mich dann für einige Tage begleiten. Ich freue mich auf etwas Abwechslung.
Meine Etappe: