21 | Cna d’Efra – Biasca

Herausfordernd bis am Schluss

Mein letzter Tag fängt mit Kaffee-Sharing mit einem älteren Basler Paar, das noch für einigen Tage im Val Verzasca unterwegs ist. Die Nacht war wegen einem kranken Kind offenbar etwas unruhig, ich bekam gar nichts mit. Es bannt sich schon wieder ein wunderbarer Tag an, obwohl gestern die Wolken den Abendhimmel immer mehr zudeckten und mit Blitz und Donner drohten.

Es ist etwas eigenartig wieder alleine los zuziehen, in den letzten Tage kam ja immer jemand mit, ich bin aber dankbar diese letzte Etappe wieder nur mit mir selbst unterwegs zu sein. Ich verabschiede mich von meinen unbekannten Kumpeln und folge den Weg hoch Richtung Passo di Gagnone, ein kurzer regelmässiger Anstieg, ganz gut zum Aufwärmen. Auf dem Pass erreicht mich die Sonne, ein letzter früher Tagesaufbruch in der Höhe.

Die Val d’Ambra öffnet sich unter meinen Füssen, vorerst mit ganz zahmen Alpweiden. Schnell beginnen aber die steilen Passagen. Wegen den dichten Grasbüscheln, den schulterhohen Farnen, die dichten Erlen und die zahlreichen Alpenrosen ist der Wanderweg kaum sichtbar. Mein Abstieg gleicht eher einem blinden Jungle-Walk, mit den Wanderstöcken taste ich vor jedem Schritt ob überhaupt noch Boden da ist. Hoffentlich stehe ich nicht auf irgendwelches kriechendes Getier. Gelegentlich schimmert ein rotweisses Zeichen durch das Grüne, eine beruhigende und willkommene Bestätigung, dass ich immer noch auf (m)einem Weg bin.

Viele Heidelbeeren laden mich ein,  eine zNüni-Pause einzulegen. Der Raubzug hinterlässt Spuren auf meinen Hände und Lippen, die süsse kleinen Früchte schmecken aber hervorragend. Nach etwa 1000 Höhenmeter lege ich bei einer Maiensässhütte eine weitere Pause ein, die Sonne heizt schon stark ein und man spürt die steigende Temperatur. Der Weg geht jetzt durch einen frischen schattigen Buchenwald, um danach die Talseite zu wechseln und wieder in der prallen Sonne zu verlaufen.

Etwas weiter schimmert der halb leere Ambra-Staubecken durch die Äste. Ein Zeichen, dass ich bald in der Leventina ankommen sollte. Wie erhofft erscheint am Wegrand ein Steintisch mit Bänklein unter den Kastanienbäumen, Zeit meine  restlichen mitgeschleppten Fressalien aufzubrauchen. Nach knapp vier Stunden stehe ich auf einem Hügel und bestaune die Talsohle der Leventina zwischen Bodio und Pollegio. Autos und Lastwagen rasen der A1 entlang, die Schnellzüge verschwinden im Gotthardbasistunnel.

Ich steige noch weitere 300 Meter bis zum Fluss Ticino runter, die Hitze ist schier unerträglich, aber ich schaffe es noch bis zur Bushaltestelle in Pollegio. Per Autostop und Bahn komme ich nach Bellinzona, wo der Postauto mich nach Chur und weiter nach Hause fährt.

Meine Reise ist zu Ende, ich muss meine Gedanken sammeln, werde es wohl in den nächsten Tage machen.

Meine Etappe:

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20 | Sonogno – Cna d’Efra

Grazie Dani e Corrado

Vorletzter Tag mit dem kurzen Aufstieg zur unbewarteten Capanna d’Efra auf 2100m. Tag für Rückbesinnung?

Im Rustico der Zia Silvia ist alles ruhig als wir aufstehen, der Himmel ist blau, die Sonne färbt gerade die ersten Bergspitzen goldig ein. Alessandro zaubert einen wunderbaren Kaffee hervor während Dani sich wieder in der Mutterfunktion einfindet und Brot, Käse, Konfi und Früchte auftischt.

Ganz ruhig verlassen wir das Rustico und gehen runter zum Parkplatz um dann einen kurzen Halt beim 100-Seelendorf Sonogno einzulegen. Schön herausgeputzt präsentiert sich das Dörfchen mit seinen Steinhäusern, dem alten öffentlichen Backofen und dem herzigen Dorfplatz.

Mit Corrado haben wir um halb neun in Frasco abgemacht, da finden wir aber kein Beizli für einen Kaffee. So warten wir auf der Friedhofmauer. Dani ist schon ganz nervös, nicht dass er irgendwo anders auf uns wartet. Der Kirchturm schlägt die halbe Stunde und pünktlich um die Ecke erscheint  Corrado im Gegenlicht mit voller Wandermontour.

Also steigen wir (Dani, Corrado, Alessandro und ich) dem Efratal hoch. Wir queren Buchen- und Birkenwälder, ganz unten sogar Kastanienheine, etwas ungewohnt für mich in den letzten Wochen. Der Weg steigt gemütlich hoch, ganz anders als gestern. Die Seitenbäche bilden immer wieder kleine Badewannen, typisch Verzasca halt, ob man darin baden könnte. Nichts für mich als Warmduscher und so oder so, im Bachbett liegt noch Lawinenschnee.

Bei der ersten Pause verlassen uns Dani und Ale, sie kehren zur Zia zurück. Danke Dani für das Mitlaufen und Ale für das feine gestrige Risotto. Corrado geht nun vor, er ist fit und gibt einen guten Tackt vor. Beim Efrasee muss man einfach halten, diese smaragdgrüne Wasserfläche lässt jeden Herz höher schlagen, oder war es Corrados Tempo? Wir philosophieren ein Wenig am Ufer bevor es mit der letzten Stufe zur Hütte geht. Die Sonne brennt und es ist heiss, die Sonnenstube zeigt sich von ihrer besten Seite.

Nach gut drei Stunden sind wir bei der Hütte, es ist reger Aufräumbetrieb, eine grosse Gruppe von Wanderer ist bereits Weg, das Betreuungsteam räumt zusammen und wird vom Heli abgeholt. Wir essen unser Mittag, die Zeit vergeht sehr schnell bis Corrado sich auf dem Heimweg macht und der Heli die drei freiwilligen Helfer der Società Escursionistica Verzaschese wegfliegt. Grazie Corrado für diese Etappe und den freundlichen Austausch.

Jetz bin ich ganz alleine da, der Brunnen plätschert vor sich hin, der Wind lässt die Schweizerfahne flattern. Was ist mit mir? Ich bin glücklich, habe 20 wunderschöne Tage hinter mir, fühle mich fit und zufrieden. Genugtuung, Zufriedenheit und besonders Dankbarkeit, dass all dies möglich gewesen ist. Ja, ich glaube das sind die Emotionen die ich in mir spüre.

Soweit zum alleine sein, zwei Gleichgesinnten aus der Romandie treffen ein, wer wird noch dazu stossen? Es geht nicht lange da treffen noch zwei, drei vier ein. Wir sind ca. 15, Marc aus Bellinzona bietet mir ein Teller Polenta an, ich tische meine Salametti auf. Wir essen alle gemeinsam draussen auf dem Steintisch während die Sonne langsam hinter der Schweizerfahne untergeht.

Meine Etappe:

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19 | Peccia – Sonogno

Steil, steiler, am steilsten

Wir verlassen Prato Sornico nachdem wir uns lange aber lange vom Pedrone, der redegewandten Besitzer des Albergo, verabschiedet haben. Das Dörfchen ist hübsch mit seinen Steinhäusern und die engen Gassen, weist aber gleichzeitig einen etwas verlassenen Eindruck auf hier im hintersten Valle Maggia.

Wir bleiben auf der Forststrasse Richtung Monte Predee obwohl der Wanderweg rechts abbiegt und steigen ins enge Tal hinein. Die Swisscom hat Mühe hierher ihr Signal zu senden, somit versorgt auch Dani schnell ihr Handy. Die Rustici am Wegrand sind zum Teil geschmackvoll renoviert oder brechen unverhofft zusammen.

Der Weiler Predee steht am Hang aufgehängt, ein Pärchen frühstückt auf dem Steinbalkon und grüsst uns herzlich. Links biegt der Weg und steigt mit einer Steintreppe hoch, auf dem Wegweiser steht Passo Redorta, unsere Richtung.

Wenn ihr die letzten Beiträge gelesen habt, wo ich die steilen Wege beschrieben habe, vergesst alles! Ab sofort fängt unser Aufstieg zum Übergang ins Val Verzasca. Der Weg steigt praktisch senkrecht rauf und dies stundenlang, wir schauen den Steilhang direkt an, den Heidelbeeren direkt in den Augen. Einziger Vorteil ist das Pflücken der Beeren ohne sich bücken zu müssen.

Erst über der Waldgrenze flacht es ein wenig ab, sodass wir nach vier Stunden unser Blick ins nächste Seitental der Verzasca werfen können. Da sieht es nicht viel anders aus, also entscheiden wir uns fürs Mittagessen. Der Abstieg geht an einer Ziegelalp vorbei, beim Wassertanken kreuze ich die Augen des liegenden bärtigen Hirten, er schaut aber in seiner Baracke noch recht schläfrig aus der Wäsche.

Bei Püscen Negro brennt die Sonne stark auf die windstille Weide und in wenigen Minuten lassen wir nach sieben Stunden unsere müden Knochen im Liegestuhl der Zia Silvia fallen. Der Rustico liegt wunderschön an einem ruhigen Hang etwas über der Strasse, Silvia und Franco unterhalten uns mit ihren Geschichten während wir auf der Ankunft von Emilio und Alessandro mit dem Nötigen zum Nachtessen warten.

Franco geht die Wasserfassung kontrollieren, wir helfen alle mit der Vorbereitung des Nachtessens. Ich freue mich auf die gemeinsame Grigliata.

Meine Etappe:

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18 | Cna Basodino – Peccia

Gehörnte Überraschung

Anspruchsvolle Etappe heute im hintersten Valle Maggia. Wir verlassen die Hütte nach einer bewegten Nacht. Die jungen Hüttenbetreuer scheinen eine feuchtfröhliche Nacht hinter sich zu haben, einer döst mit einem Bier in der Hand und das Handy in der anderen auf dem steinigen Aussensitzplatz vor sich hin.

Angesichts des geplanten steilen Anstieges ziehen wir zum Aufwärmen die geteerte Strasse vorbei am Kraftwerk Robiei vor. Dani erledigt beim Gehen die Angelegenheiten ihrer verstreuten Familienmitglieder solange noch Empfang da ist. Dann geht’s hoch, hoch und nochmals hoch. Der Weg ist markiert, aber man merkt, dass er nicht viel begangen wird. Wir gewinnen schnell an Höhe, gut so, schlussendlich müssen wir die Bocchetta di Forba auf 2700m erreichen.

Wir müssen viel Bein- und Armarbeit leisten um über den unzähligen Steinstufen zu kommen, aber nach etwas mehr als zwei Stunden kommen wir beim Sattel. Weit unten ist noch unsere Basodinohütte ganz klein zu sehen, quer drüben verweilen vier grosse Steinböcke auf einem Schneefeld. Zeit für Dani’s Never-Ending-Cake und einige Früchte die ich schon länger mitschleppe.

Auf dieser Seite ist der Abstieg etwas weniger steil, so springen wir von Stein zu Stein fast wie das gerade bestaunte Steinwild. Peccia, unser Etappenziel, steht im Talkessel ca. 1500m tiefer, nun gilt’s den Knien zuliebe einen schonende Gangart einzuschalten. Bei der unbewartete Capanna Poncione di Braga essen wir zu Mittag. Nachdem die Bremsscheiben etwas abgekühlt sind, steigen wir weiter runter.

Lautes Gebimmel lässt die Wanderleiterohren aufhorchen, aufgepasst, nicht dass wir auf einmal vor einer Mutterkuh stehen. Und Tatsächlich glotzt uns plötzlich hinter einem grossen Fels am Wegrand ein breitgehörntes schottisches Rind an, wenig daneben ein kleines Kalb. Nach dem ersten Schreck machen wir einen weiten Bogen um die ganze nordländische Herde und laufen uns selber ins abseits. Erst eine Cross-Country Einlage bring uns durch hohes Gestrüpp wieder auf dem richtigen Weg. Etwas erleichtert fange ich aber eine gelbe Karte von meiner Begleiterin, harter Entscheid aber man konnte sie geben.

Der Weg geht immer noch steil runter, die Bremsen glühen und die Stossdämpfer sind bei jedem Schritt am Anschlag. Endlich erreichen wir San Carlo, wo uns ein Postauto so anlächelt, dass wir nicht widerstehen können.

In Sornico finden wir ein kleines Albergo und nicht weit entfernt ein nettes Laden und ein gutes Restaurant, wo unser Tag abklingt.

Meine Etappe:

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